KGB Polychrom - Künstlergruppe Burgenland

Zur Geschichte der „Künstlergruppe Burgenland“

Die Gründungsphase in den 1950iger Jahren

Initiator der „Künstlergruppe Burgenland“ (KGB) war Rudolf Klaudus, Pionier der burgenländischen Kunst. Seine Idee: jungen burgenländischen Künstlern nach dem Vorbild ungarischer Künstlerkolonien Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen. Sein langgehegter Wunsch: das Kunstgeschehen und die Kunstentwicklung im Burgenland aus dem verschlafenen Provinzialismus herauszuführen. Anfang 1954 gelingt es Klaudus, mit der USIA, der sowjetischen Verwaltung der Esterházyschen Güter, für die devastierte Orangerie im Eisenstädter Schlosspark einen auf 99 Jahre befristeten Pachtvertrag abzuschließen. Nachdem der linke Flügel der Orangerie halbwegs adaptiert ist, können die beiden Absolventen der Akademie der Bildenden Künste in Wien Karl Prantl und Rudolf Kedl damit beginnen, ebendort zu arbeiten.

Die „Kunstrevolution“

Im Mai 1954 veranstaltet der „Burgenländische Kunstverein“ unter seinem Obmann Klaudus in der Orangerie eine Ausstellung. Neben Klaudus und den weiteren „Altmeistern“ Franz Elek-Eiweck, Franz Erntl und Albert Kollmann präsentieren junge Künstler ihre Werke: Rudolf Kedl, Karl Prantl und auf deren Vermittlung Wolfgang Baminger und Feri Zotter, damals Studenten an der Akademie für Angewandte Kunst in Wien. Was die Vier im linken Flügel zeigen, löst eine „Kunstrevolution“ aus. Die Entrüstung über die dazumal moderne Kunst in der weiland ca. 6000 Einwohner zählenden Landeshauptstadt Eisenstadt ist groß, 7140 Personen besuchen die Schau und empören sich mit. Um die Atmosphäre zu beruhigen, halten auswärtige Experten wie der Architekt Clemens Holzmeister im Herbst und Winter 1954 im Gebäude der damaligen Handelskammer Vorträge über moderne Kunst. Halbwegs mit Erfolg, denn die Ausstellung im Folgejahr 1955 geht ohne Skandale vonstatten. Kedl und Prantl arbeiten indessen weiter in der Orangerie.

Die Gründung und der Exodus

Nach dem Abzug der Sowjets 1955 wird der mit der USIA geschlossene Pachtvertrag für die Orangerie als ungültig erklärt. Ein neuer mit der Esterházyschen Güterverwaltung kann nicht abgeschlossen werden. Dazu kommt: Bei Klaudus, Baminger, Kedl, Prantl und Zotter sitzen die Anfeindungen, denen sie vor und während der Ausstellung1954 ausgesetzt gewesen sind, tief. Nicht enden wollende Intrigen bewirken, dass sich der Mentor und seine „Patenkinder“ noch enger zusammenschließen, zunächst noch im Rahmen des „Burgenländischen Künstlerbundes“, der den „Kunstverein“ abgelöst hatte. Die neue Leitung des „Künstlerbundes“ aber bleibt inaktiv, worauf die Vereinigung von der Polizei aufgelöst wird. Als Kern übriggeblieben, gründen Klaudus, Baminger, Kedl, Prantl und Zotter 1956 die „Künstlergruppe Burgenland“ und verlagern ihre Tätigkeit nach Wien. Dort kann die Gruppe nach dem Scheitern einer Künstlerkolonie wenigstens den zweiten Teil ihres Vorhabens verwirklichen und burgenländische Künstler und Kunst nicht nur im Land selbst präsentieren.

In Wien und in Eisenstadt: die ersten Ausstellungen

Im April 1957 zeigen Rudolf Kedl, Uta Peyrer, Karl Prantl und Feri Zotter in der Galerie der Künstlergruppe Stern in der Wiener Himmelpfortgasse 11 „Handzeichnungen“. Im November 1957 stellen Feri Zotter und Wolfgang Baminger als Mitglieder der Wiener Künstlergruppe „Neuer Hagenbund“ im Atelier von Hagenbund-Präsident Franz Luby Am Modenapark in Wien aus. Ein Jahr später, im November 1958, präsentieren Uta Peyrer-Prantl, Karl Prantl und Rudolf Kedl als Mitglieder der Wiener Künstlergruppe „der Kreis“ in Wien ihre Arbeiten. Karl Prantl verlässt die Künstlergruppe Burgenland und bleibt bei der Künstlergruppe „der Kreis“

Exkurs zu Uta Peyrer und Karl Prantl

Der Künstlergruppe „der Kreis“ hatte sich Prantl schon 1953 angeschlossen. Deren Mitglied ist er bis zu seinem Lebensende 2010 geblieben. Uta Peyrer-Prantl konnte Ende der 1960iger Jahre zumindest in Ansätzen realisieren, was zuvor Anliegen der KGB gewesen war. Auf ihre Initiative hin haben in der Orangerie 1969 und 1970 „ Internationale Malerwochen“ stattgefunden, gedacht als „Gegengewicht“ und Ergänzung zum von Karl Prantl 1959 mitbegründeten „Symposion Europäischer Bildhauer“ im Steinbruch St. Margarethen.

Am 9. Oktober 1959 „trat die neugegründete Künstlergruppe Burgenland mit einer Ausstellung im Burgenländischen Landesmuseum zum ersten Mal in die Öffentlichkeit. Im Rahmen der Schau zeigten Altmeister Rolf Klaudus, die jungen Maler Baminger und Zotter sowie der bekannte Bildhauer Rudolf Kedl 60 Werke, die sie in den letzten Jahren geschaffen haben. Die bis 31. Oktober laufende Ausstellung begegnet größtem Interesse.“ (zitiert nach „Burgenländische Freiheit“ vom Okt. 1959)

Auswärts und Daheim: die Ausstellungen in den 1960iger Jahren

Im Juni 1960 kann die „Burgenländische Freiheit“ von einer Ausstellung der Künstlergruppe Burgenland in Salzburg berichten: „Mit dieser Ausstellung tritt erstmalig eine burgenländische Künstlervereinigung mit einer geschlossenen Kollektivschau außerhalb des Burgenlandes vor die Öffentlichkeit einer österreichischen Landeshauptstadt und internationalen Kunstmetropole“. In den Räumen des Salzburger Kunstvereins in der Residenz am Domplatz wurden 42 Arbeiten von Baminger, Kedl, Klaudus und Zotter gezeigt. Während der Dauer der Ausstellung von 27. Juni bis 6. Juli 1960 verzeichnete man 1500 internationale Besucher.

Die nächste „Premiere“ folgt im Dezember 1960. Von 15. bis 31.12. findet erstmals eine sogenannte „Jahresausstellung“ im Landesmuseum in Eisenstadt statt, der dann ebensolche auch in der damaligen Stadthalle folgen sollten, „um uns die materielle Unterstützung der Landesregierung zu sichern“, wie Rudolf Klaudus später formulierte. Bei einem Besuch im Landesmuseum weist die damalige Referentin für Angelegenheiten der Bildenden Kunst und des Ausstellungswesens im Bundesministerium für Unterricht Sektionsrat Dr. Adele Kaindl auf die Notwendigkeit hin, in der Landeshauptstadt „geeignete Räume für ständige Kunstausstellungen“ zu schaffen. In die Tat umgesetzt wird diese Anregung erst 12 Jahre später mit der Einrichtung der Landesgalerie im Schloss Esterházy.

Eine neue Galerie und ein neues Mitglied

Im Juni 1961 stellt Feri Zotter nach einer Türkeireise in der neu eingerichteten Galerie Quellenhof in Bad Tatzmannsdorf aus. Zotter ist Mitglied der „Künstlergruppe Burgenland“ und des „Hagenbundes“. Neben der KGB einer weiteren Künstlervereinigung anzugehören, war und ist also durchaus zulässig und auch Einzelausstellungen der Mitglieder waren und sind Usus ebenso wie die Praxis, zu Gruppenausstellungen Gäste einzuladen. Im Juli und August 1961 zeigt Rudolf Klaudus im Quellenhof seine Bilder. Bad Tatzmannsdorf wird dann zu einer Art burgenländischer „Basisstation“ der KGB, wohl auch wegen des Mangels an Alternativen. Weitere „Bundesländer“- Ausstellungen nach Salzburg 1960 führen die KGB im Mai 1963 ins Künstlerhaus Graz und im Juni 1964 ins Künstlerhaus Klagenfurt. Die „Gegenbesuche“ steirischer und Kärntner Künstler und auch einer Salzburger Gruppe finden im Quellenhof in Bad Tatzmannsdorf statt. Nicht „exklusiv“ als KGB, sondern im Rahmen von gesamtburgenländischen Ausstellungen geht es auch ins Ausland, 1965 in die Moderne Galerie in Zagreb, 1967 ins Oberhausmuseum in Passau. Zum zehnjährigen Bestehen der KGB im Mai 1966 kehren die vier Gründungsmitglieder noch einmal in die Orangerie in Eisenstadt zurück. Mit dabei ein neues Mitglied: Otto Mühl, der sich schon an der Klagenfurter Ausstellung 1964 beteiligt hatte.

Ein neuer Obmann

Ende 1967 übergibt der damals 72jährige Rudolf Klaudus „mit Rücksicht auf mein Alter“ die Leitung der KGB an den akademischen Maler Feri Zotter. Der zu jener Zeit 44jährige Zotter wird bei einer Wahl 1968 als Obmann bestätigt. Neues Domizil der KGB wird Zotters Heimatdorf Neumarkt an der Raab. Klaudus, der in der Zwischenkriegszeit in Zagreb im Königreich Jugoslawien studiert hatte, aber engagiert sich weiterhin und dürfte unterstützend auch bei jenen Ausstellungen mitgewirkt haben, die Mitglieder der KGB in die sozialistische föderative Republik Jugoslawien führen. 1969 kann das jüngste Mitglied der Gruppe Peter Pongratz bei der internationalen Biennale „Pannonia“ in Murska Sobota den zweiten Preis erreichen, Ausstellungen gibt es in der Folge auch in Cakovec, Radenci und Maribor.

Die KBG 1970 von links oben: Rudolf Kedl, Christine Elefant Kedl, Sr. Elfriede Ettl, Wolfgang Baminger, Rudolf Klaudus; von rechts unten Feri Zotter, Peter Pongratz, Rudolph Richly

Die KBG 1970 von links oben: Rudolf Kedl, Christine Elefant Kedl, Sr. Elfriede Ettl, Wolfgang Baminger, Rudolf Klaudus; von rechts unten Feri Zotter, Peter Pongratz, Rudolph Richly

 

Neuaufnahmen und Diskussionen: die KGB in den 1970iger Jahren

Peter Pongratz ist nur einer der Neuen, die die Gründungsmitglieder der KGB verstärken. Otto Mühl hatte sich inzwischen wieder zurückgezogen, gekommen aber sind Sr. Elfriede Ettl 1967, 1969 Rudolph Richly und Peter Pongratz, 1970 Christine Elefant Kedl. Eine Aufnahme des aus Oberösterreich stammenden Fotografen und später sehr erfolgreichen Kulturmanagers Hans Mayr, der sich 1970 an der Ausstellung in Maribor beteiligt hatte, aber wurde mit dem Argument, dass „Fotografie keine Kunst“ sei, abgelehnt. In den folgenden Jahren kommen Johannes Wanke, Matthias Szauer, Herbert Schügerl, Franz Erntl und Franz Vana hinzu.

Das 20 Jahr Jubiläum

1976, 20 Jahre nach ihrer Gründung, zählt die KGB zwölf Mitglieder. Rudolf Richly war Anfang 1975 hochbetagt gestorben. Gründungsmitglied Rudolf Kedl war ausgetreten, weil er, nachdem seine Frau eingetreten war, sinngemäß gemeint hatte, zwei aus einer Familie sei einer zu viel. Zur Jubiläumsausstellung in der Landesgalerie im Schloss Esterhazy befindet der Kulturpolitiker und Publizist Franz Probst in der Wochenzeitschrift „BF“: „Der älteste, Rudolf Klaudus, ist der jüngste geblieben“. Was neben den Bildern von Klaudus von Wolfgang Baminger, Christine Elefant-Kedl, Sr. Elfriede Ettl, Franz Erntl, Peter Pongratz, Herbert Schügerl, Matthias Szauer, Herbert Schügerl, Franz Vana, Johannes Wanke und Feri Zotter zu sehen ist, kommentiert Probst als „schöne, aber nicht aufregende Ausstellung. Die, die das nächste Kapitel der burgenländischen Kunstgeschichte schreiben werden, sind nicht dabei.“

Diskussionen bei Sitzungen

An der Vorstandssitzung Anfang Dezember 1976 in Neumarkt an der Raab nehmen neun der zwölf Mitglieder teil. Unbehagen wird geäußert und der Aufstand geprobt. Es bleibt aber beim bisherigen Vorstand und es gibt auch keine Neuaufnahmen. Auch 1977 kommt es anlässlich einer Generalversammlung zu keinen Neuaufnahmen. Der Antrag Franz Vass, Franz Hametner, Wil Frenken und Eduard Sauerzopf mögen Mitglieder werden, wird abgelehnt. Franz Probst bleibt der KGB gegenüber weiterhin ungewöhnlich kritisch, schreibt in der „BF“ von einem „Kampf um jeden Quadratzentimeter bei Kollektivausstellungen, den man eventuell an die ‚Neuen‘ abgeben müsste“ und befindet, dass die KGB, die sich in eine „ freiwillige Ghettoisierung“ begeben habe, „ schon lange mehr den totalen künstlerischen Vertretungsanspruch dieses Landes für sich in Pacht nehmen“ nehmen könne.

Einlenken und Konsolidierung

Bei der Generalversammlung im Mai 1978 aber ist es so weit: Franz Vass, Wil Frenken und Eduard Sauerzopf werden Mitglieder der KGB. Bei einer Ausstellung im Juli 1978 in der Galerie Quellenhof in Bad Tatzmannsdorf sind 12 der nun 15 Mitglieder, darunter auch die neuen, mit dabei und auch Franz Probst ist besänftigt und beschreibt die Schau als „voll Intimität und leiser Schönheit“.

Im März 1979 stirbt mit Rudolf Klaudus jene Persönlichkeit, ohne die es die KGB nicht gäbe. Die älteste Künstlergruppe des Landes ist längst nicht mehr von der Aufbruchsstimmung der Gründungszeit geprägt, aber man stellt in größeren und in kleinen Abständen immer wieder gemeinsam aus.

Weitere Jubiläen, neue Mitglieder und Obmänner: die KGB bis heute

Domizil der KGB unter Obmann Feri Zotter bleibt weiterhin Neumarkt an der Raab, in der Dorfgalerie kann auch eine Dauerausstellung eingerichtet werden.

Die Ausstellung zur 25 Jahr Feier findet ein Jahr verspätet, im Juli 1982, in Wiener Neustadt in der ehemaligen Kirche St. Peter an der Sperr statt. Zu den bisherigen Mitgliedern neu dazugekommen sind Franz Hametner, Ralf Egger und Gottfried Reszner.

1987, ein Jahr nach dem 30 Jahr Jubiläum, gibt es eine Ausstellung in der Landesgalerie im Schloss Esterházy. Zu den Mitgliedern gehören nun auch Sepp Laubner, Emil Morawitzky und Erwin Reisner. Die Jubiläumsausstellung wird schon von Matthias Szauer ausgerichtet, der nach dem Tod Feri Zotters im Februar 1987 die Leitung der KGB übernimmt und diese 25 Jahre lang innehaben sollte.

Das 50 Jahr Jubiläum

In größerem Rahmen gefeiert wird wieder 2005 anlässlich des bevorstehenden 50 Jahr Jubiläums mit einer Ausstellung in der Artbox des Kulturzentrums Mattersburg. Dazu erscheint auch ein Katalog mit umfangreichen Biografien damals aktiver und bereits verstorbener KGB-Mitglieder. In alphabetischer Reihenfolge sind das Gründungsmitglied Wolfgang Baminger, der 2003 gestorben ist, Ralf Egger, Christine Elefant Kedl, der 1990 verstorbene Franz Erntl, die 2003 verstorbene Sr. Elfriede Ettl, der 1998 verstorbene Franz Hametner, Gründungsmitglied Rudolf Kedl, der 1991 gestorben ist, „Gründervater“ Rudolf Klaudus, der 11 Jahre Obmann der KGB gewesen und 1979 verstorben ist, Sepp Laubner, Emil Morawitzky, Peter Pongratz, Erwin Reisner, Gottfried Reszner, der 1975 verstorbene Rudolph Richly, Eduard Sauerzopf, Herbert Schügerl, Matthias Szauer, der 25 Jahre lang Obmann der KGB ist, Franz Vana, Franz Vass, Johannes Wanke, der im April 2005 gestorben ist und Gründungsmitglied Feri Zotter, der die KGB 19 Jahre lang bis zu seinem Tod 1987 geleitet hat.

Der Neustart 2012

2012 kommt es zu raschen Obmann -Wechsel. Im Juni übernimmt Erwin Reisner von Matthias Szauer und übergibt bereits im November an Wolfgang Horvath. Dazwischen liegt eine Ausstellung in der Galerie in Neumarkt an der Raab, mit der die KGB auch an der Langen Nacht der Museen des ORF am 5. Oktober 2012 teilnimmt. Dazu als Gäste geladen sind Franz Gyolcs, Wolfgang Horvath, Talos Kedl, Ilse Lichtenberger, Klaus Ludwig Kerstinger und Hans Wetzelsdorfer, die im November allesamt auch gleich neu aufgenommen werden.

Nachdem sich Herbert Schügerl, Emil Morawitzky und Franz Vana zurückgezogen haben, besteht die Künstlergruppe Burgenland nun unter ihrem neuen Namen KGB polychrom aus den 14 Mitgliedern Ralf Egger, Christine Elefant- Kedl, Franz Gyolcs, Wolfgang Horwath, Talos Kedl, Klaus Ludwig Kerstinger, Sepp Laubner, Ilse Lichtenberger, Peter Pongratz, Erwin Reisner, Gottfried Reszner,  Matthias Szauer, Franz Vass und Hans Wetzelsdorfer.

„Home Base“ der KGB polychrom ist jetzt die Cselleymühle in Oslip. Dort wird alljährlich ein Sommerfest stattfinden, das die Tradition der „Jahresausstellungen“ der 1960iger Jahre in gewisser Art und Weise fortführen soll.